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Eine Skizze meines Buchprojekts

Ich habe in meinem letzten Blogeintrag aufgrund eines Buchprojekts eine längere Pause angekündigt. In diesem Blogeintrag möchte ich für interessierte Leser kurz skizzieren, wie ich mir den Aufbau meines Buches vorstelle.

In meinem Buch möchte ich die folgende These verteidigen: Gott hat das Universum erschaffen, um willensfreie Lebewesen hervorzubringen. Um diese These überhaupt verteidigen zu können, müssen vorab zwei terminologische Fragen geklärt werden: 1. Was meine ich mit Gott? 2. Was meine ich mit Willensfreiheit?

Die Antwort auf die erste Frage bietet die These selbst: Gott ist diejenige Entität, die das Universum erschaffen hat. Weiter behauptet die These, dass Gott mit der Erschaffung des Universums ein Ziel verfolgt hat, nämlich die Hervorbringung willensfreier Lebewesen. Gott wird von mir also als eine Person verstanden, denn nur Personen können Absichten haben. Welche weitergehenden Eigenschaften wir dieser Person namens Gott zuschreiben können, dürfen oder sogar müssen, wird sich im Gang der Untersuchung zeigen. Diese kurze Erläuterung sollte aber bereits hinreichen, um dem Namen „Gott“ einen fassbaren Inhalt zu geben.

Auch für den Begriff der Willensfreiheit habe ich eine griffige Definition parat: Unter Willensfreiheit verstehe ich die Fähigkeit einer Entität, ihren eigenen Handlungsspielraum zu modifizieren. Diese Definition ist handlich, aber an dieser Stelle noch unklar. Was ist mit „Handlungsspielraum“ gemeint? Wie lässt sich der Handlungsspielraum „modifizieren“? Und bildet diese Definition auch wirklich das ab, was wir in einem umgangssprachlichen, vortheoretischen Sinnunter Willensfreiheit verstehen?

Unter dem „Handlungsspielraum“ einer Entität verstehe ich die Gesamtheit derjenigen Handlungen, die ihr physikalisch möglich sind. „Modifizieren“ lässt sich dieser Handlungsspielraum paradigmatisch durch Erweiterung, d. h. durch Generierung neuer Handlungsoptionen, sowie durch Einschränkung, d. h. durch Verunmöglichung gewisser Handlungsoptionen. Solche Einschränkungen des Handlungsspielraums werden normalerweise als Entscheidungen bezeichnet, insofern jede Entscheidung für eine Handlung ipso facto eine Entscheidung gegen ihre Alternativen ist.

Mein Begriff der „Modifikation“ des Handlungsspielraums ist bewusst offen gehalten, d. h. es kann neben diesen zwei paradigmatischen Arten der Modifikation noch weitere Möglichkeiten geben, den Handlungsspielraum zu modifizieren. Wir werden später in der Tat weitere Formen der Modifikation des Handlungsspielraums kennenlernen. Für eine erste inhaltliche Anreicherung des Begriffs sollen diese Anmerkungen allerdings an dieser Stelle genügen.  

Ob meine Definition der Willensfreiheit wirklich das abbilden kann, was wir umgangssprachlich unter Willensfreiheit verstehen, ist eine komplexe und nicht ganz leicht zu beantwortende Frage. Der Begriff der Willensfreiheit, so wie wir ihn umgangssprachlich verstehen, ist nämlich möglicherweise gar nicht kohärent, will sagen: Wir halten Willensfreiheit möglicherweise für etwas, was aus logischen Gründen gar nicht existieren kann. Eine Argumentation für diese These wird das Thema des ersten Kapitels sein, in dem es um die Probleme des umgangssprachlichen Konzepts der Willensfreiheit geht.

Wenn ich damit Recht habe, dass Willensfreiheit im umgangssprachlichen Sinne ein inkohärentes Konzept ist, kann von meiner Definition nur verlangt werden, dass sie die wesentlichen Intuitionen einfängt, die uns zum inkohärenten Begriff der Willensfreiheit geführt haben. Ich behaupte, dass ihr das in der Tat gelingt. Die Verteidigung dieser These führe ich im zweiten Kapitel durch, welches meine Definition der Willensfreiheit und ihre genuinen Vorzüge zum Gegenstand hat.  

Im dritten Kapitel gehe ich der Frage nach, ob es de facto Lebewesen gibt, die einen freien Willen haben. Diese Frage wird dadurch beantwortet, dass wir uns anhand von Beispielen ansehen werden, wie wir Menschen unsere Willensfreiheit konkret ausüben. Dies wird darüber hinaus dazu dienen, meine abstrakte Willensfreiheitsdefinition fassbarer werden zu lassen. Im Ergebnis werden wir gute Gründe für die Vermutung haben, dass wir Menschen für gewöhnlich in der Tat willensfrei sind.

Nachdem sich die ersten Kapitel ausführlich mit der Willensfreiheit auseinandergesetzt haben, werden wir uns im zweiten Teil des Buches den Argumenten für die Existenz Gottes widmen. Im vierten Kapitel wenden wir uns zunächst dem kosmologischen Argument für die Existenz Gottes zu und werden dabei auch Einwände gegen dieses Argument prüfen. Wir werden dabei (hoffentlich) feststellen, dass es (im schlimmsten Fall) eine Art argumentatives Patt gibt: Ob das Universum in Gott eine Ursache hat oder ohne jede Ursache entstanden ist, lässt sich nicht endgültig entscheiden und ist am Ende des Tages eine Glaubensfrage.

Im fünften Kapitel werden wir jedoch versuchen, mithilfe von sogenannten Finetuning-Argumenten weitere Unterstützung für die These zu generieren, dass das Universum absichtsvoll erschaffen wurde. Es stellt sich nämlich heraus, dass unsere Existenz von einigen äußerst präzisen naturgesetzlichen Fakten abhängt: Wären gewisse physikalische Konstanten nur ein wenig anders, hätte das Universum sich nicht so entwickeln können, wie es das de facto getan hat. Insbesondere wäre kein Leben in diesem Universum möglich. Wir werden auch hier alternative Erklärungsmöglichkeiten für diesen Umstand in Betracht ziehen, insbesondere sogenannte anthropische Prinzipien. Wir werden aber (hoffentlich) sehen, dass die alternativen Erklärungsmöglichkeiten mangelhaft sind. Die Existenz eines absichtsvollen Schöpfers des Universums scheint daher die plausibelste Annahme zu sein.  

Im sechsten Kapitel werden wir die Argumente des vierten und fünften Kapitels vertiefen, indem wir uns bewusst machen, wie unwahrscheinlich es erscheint, dass das Universum willensfreie Lebewesen wie uns hervorbringt. Es scheint nämlich notwendigerweise so zu sein, dass es auf der Mikroebene Zufallselemente geben muss, die auf der Makroebene weitestgehend verschwinden. Denn wäre die Makroebene so zufällig und chaotisch wie die Mikroebene, dann wäre unsere Willensfreiheit ebenfalls stark eingeschränkt: Willensfreiheit braucht eine stabile Umwelt und plausiblerweise auch ein gewisses Maß an Determinismus, insofern unsere Entscheidungen unser Handeln auch tatsächlich determinieren müssen. Vor diesem Hintergrund scheint das Universum auch in Hinblick auf die Hervorbringung willensfreier Lebewesen feinabgestimmt zu sein, was ein Argument dafür liefert, dass das Universum von einem Schöpfer zu genau diesem Zweck hervorgebracht wurde.

Im dritten Teil des Buches wird es darum gehen, die wichtigsten Argumente gegen die Existenz Gottes zu entkräften. Dazu betrachten wir zunächst im siebten Kapitel die sogenannte Theodizee-Frage: Warum gibt es so viel Leid auf der Welt, wenn Gott ein gütiges Wesen ist? Wir werden uns mehrere Strategien ansehen, diese Frage zu beantworten. Die wichtigste wird voraussichtlich sein, dass es gerade die Existenz des freien Willens ist, die ein großes Maß an Leiden erklären kann.

Im achten Kapitel werden wir uns dann die Frage stellen, was die Existenz willensfreier Lebewesen eigentlich zu etwas genuin Gutem macht. Es muss ja irgendeinen Grund dafür geben, warum die Existenz willensfreier Lebewesen das Leid auf dieser Erde sozusagen ausgleichen oder rechtfertigen kann. Wir werden sehen, inwiefern es mir gelingt, diese Frage zufriedenstellend zu beantworten. Für die Frage nach der Theodizee scheint mir dieses Kapitel zentral zu sein.

Im neunten Kapitel werden wir die Frage nach der Verborgenheit Gottes diskutieren: Warum zeigt sich Gott in dieser Welt nicht, wenn er doch ein guter Gott ist? Eine eng damit verbundene Frage lautet: Warum lässt sich die Existenz Gottes nicht empirisch belegen? Oder anders: Sollten wir wirklich annehmen, dass Gott existiert, wenn es dafür überhaupt keine empirischen Beweise gibt? Greift hier nicht Ockhams Rasiermesser? Meine Antwort auf diese Frage(n) ist mir noch nicht klar. Wir werden sehen, was sich dazu sagen lässt.

Im zehnten Kapitel werden wir Argumente prüfen, die sich gegen einige traditionellerweise Gott zugeschriebenen Attribute richten. Wir werden diesen Argumenten den Wind aus den Segeln nehmen, indem wir ihre Schlagkraft zugestehen: Gott ist beispielsweise nicht allmächtig, sondern in seinem Wirken unter anderem an die Gesetze der Logik gebunden. Wir werden sehen, was nach diesen Anwürfen des Atheismus noch vom traditionellen Gottesbegriff übrigbleibt. Vielleicht bleibt nicht mehr übrig als eine Art Minimalbegriff Gottes: Gott hat die Welt erschaffen, um willensfreie Lebewesen hervorzurufen – mehr lässt sich möglicherweise nicht über ihn sagen.

Dieser Minimalbegriff Gottes hätte aber auch einen Vorzug: Er wäre möglicherweise verträglich mit verschiedenen Weltreligionen, was dem Argument der kulturellen Bedingtheit der Weltreligionen den Wind aus den Segeln nehmen könnte. Ja, es gibt verschiedene einander widersprechende Weltreligionen, die nicht allesamt in jedem Detail zugleich wahr sein können – aber vielleicht bietet mein Minimalbegriff Gottes eine Art theologischen Kern, auf den sich Anhänger verschiedener Religionen einigen könnten. Das würde auch eine Basis für interreligiösen Diskurs bieten. Dies wird im elften Kapitel diskutiert.

Das wäre grob der Fahrplan für mein Buchprojekt. Und damit versetze ich diesen Blog nun wirklich in eine längere Pause. Ich hoffe, die geneigte Leserin freut sich nun mit mir auf das fertige Werk! Mal sehen, wie lange es dauert.

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